November 2020
Mit der Schrift ein Zeichen für die Umwelt setzen.
Schriften sind ein bisher wenig beachteter Aspekt, Nachhaltigkeit in ein Projekt einfliessen zu lassen. Wir haben die relevantesten Potenziale in drei Schwerpunkte eingeteilt. Je nach Grössenordnung des Projekts verringert sich damit der Ressourcenverbrauch signifikant.
Optimierter Einsatz von Schriften im digitalen Bereich
Im digitalen Bereich steht der Energieverbrauch im Vordergrund. Schriften können dafür auf zwei Arten optimiert werden: Erstens wird die Menge und Grösse der Daten verringert; Zweitens wird die Schrift so eingesetzt, dass die Darstellung auf dem Endgerät wenig Strom benötigt.
Für die Optimierung der Datengrösse sind folgende Faktoren zu prüfen:
- Möglichst wenige Schriftschnitte verwenden und damit die Anzahl Fontfiles auf dem Server verringern.
- Den Zeichensatz einer Schrift reduzieren. Ein gut ausgebauter Font kann wohl in einigen Fällen praktisch sein, meist kann jedoch auf einen grossen Teil der Zeichen verzichtet werden, da sie im Text der Seite nicht vorkommen.
- Variable Fonts einsetzen. Hier greift man jeweils nur auf eine einzelne Font Datei zurück, wobei man die einzelnen Schriftschnitte (wie light oder bold) Parameter basiert berechnet und darstellt.
Darkmode
OLED Display brauchen keine Energie, wenn sie schwarz darstellen – einer ihrer Vorteile gegenüber den älteren LCD Displays. Der Darkmode, der bei vielen Betriebssystemen heute standardmässig als Anzeigemodus eingestellt werden kann, spart also auch Strom. Doch eine Schrift auf einem hellen Hintergrund wirkt völlig anders als eine Darstellung Weiss auf Schwarz. Die Schrift, zusammen mit der gesamten Gestaltung, muss also dafür optimiert werden. Eine geeignete Option wäre die Darkmode Schrift von Dalton Maag. Diese wurde spezifisch für die inverse Anwendung auf dunklem Hintergrund entwickelt und gewährleistet eine optimale Lesbarkeit, selbst in kleinen Schriftgrössen.
Schriften bei Drucksachen
Davon ausgehend, dass die Produktion eines Druck-Erzeugnisses Sinn macht, lässt sich im Druck auch nur anhand der Schrift Ressourcen sparen. Klug eingesetzt, reduziert die Schrift die durch Textfelder benötigte Fläche und damit den Verbrauch von Papier. Folglich sollte man darauf achten, dass die gewählte Schrift eng läuft, das heisst eine condensed Schrift mit schmalen Zeichen wäre eine ideale Wahl, aber auch schon eine kleine Schriftgrösse hilft, Papier zu sparen.
Zusätzlich lässt sich durch die Schrift auch Tinte sparen. Um weniger Druckfarben zu benutzen, kann man die Schriftfarbe zu dunkelgrau ändern. Eine andere einfache Methode ist es, die Schrift in einem leichteren Schnitt zu verwenden, welcher rein durch die Strichbreite der Zeichen weniger Druckfarbe benötigt.
Genau diesen Ansatz verfolgt das Projekt Eco Font. Ein Druckertreiber modifiziert die Zeichen vor dem Druck so, dass unmerklich kleine transparente Punkte in die Schriftzeichen eingerechnet werden, was zu einem reduzierten Verbrauch von Druckfarbe führt.
Eine eigens für einen tiefen Tintenverbrauch entwickelte Schrift ist die frei verfügbare Schrift Ryman Eco des englischen Büroartikelversandes Ryman. Die Schrift ist von feinen Linien durchzogen, was die Fläche der Zeichen reduziert, gleichzeitig entsteht ein eleganter und eigenständiger Charakter. Dies spart laut eigenen Angaben bis zu einem Drittel an Tinte.
Indirekte Kompensation
Einen weiteren unkonventionellen Weg geht Fontwerk. Beim von Christoph Koeberlin gezeichneten Font Pangea werden via der Lizenzierungskosten 25 % der Designer-Tantiemen zugunsten des Erhalts des Regenwaldes und grossflächiger Wiederaufforstungsprojekte gespendet.
Fazit
Es gibt also diverse Möglichkeiten, wie die Wahl der Schrift die Nachhaltigkeit eines Projektes beeinflusst, sowohl im digitalen wie im analogen Bereich. Bei Anwendungen mit einer grossen Anzahl an Seitenaufrufen oder einer grossen Auflage im Druck kann die Schrift den Ressourcenverbrauch tatsächlich auch signifikant reduzieren.
2014 entstand eine rege Debatte darüber, ob die US-amerikanische Regierung mit einem Wechsel ihrer Standardschrift bis zu 28% Tinte und damit auch Kosten in Millionenhöhe sparen könnte. Die Reduktion genau zu beziffern ist unmöglich. Klar ist jedoch, dass für eine Organisation in dieser Grössenordnung die Wahl der Schrift sowie deren Grad und Stärke einen enormen Einfluss hat. Da es damals bei einer Idee blieb, kann man sich fragen, wie die richtigen Schrifteinstellungen bei allen Mitarbeitern gewährleistet werden könnte, wie die Lesbarkeit erhalten bleibt und ob dann nicht schlussendlich einfach mehr gedruckt wird.
Bei kleinen Projekten fällt der Ressourcenverbrauch insgesamt weniger ins Gewicht. Hier könnte das Argument sein, sich durch die Wahl einer Schrift als nachhaltige Marke zu positionieren oder sogar eigens eine Markenschrift zu entwickeln.
Welche der aufgeführten Massnahmen besonders relevant sind, ist schwer zu generalisieren. Natürlich sollte man die Systemgrenze um die Schrift etwas erweitern, und beispielsweise auch den grundsätzlichen Nutzen eines Projekts, die Bilder oder die Druckunterlage mit einbeziehen. Im Gegenzug kann die Optimierung der Schrift ein Weg sein, mit einfachen Mitteln etwas für die Umwelt zu tun. Welche der Massnahmen würdet ihr als Erstes umsetzen?